Vom 23.-26. Mai 2019 fanden die letzten Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Die rund 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind im Rahmen der so genannten Europawahl aufgefordert, ihre Vertretung im EU- Parlament zu bestimmen. Nach vorläufigen Zahlen sind in Österreich insgesamt 6.415.034 Personen wahlberechtigt, davon 965.955 Steirerinnen und Steirer. Wahlberechtigt sind alle ÖsterreicherInnen, die spätestens am Tag der Wahl 16 Jahre alt sind. Wahlberechtigt sind auch UnionsbürgerInnen mit Hauptwohnsitz in Österreich sowie AuslandsösterreicherInnen.
Die Europawahl bietet den EU-BürgerInnen die Möglichkeit, sich durch die Bestimmung ihrer politischen Vertretung und der Wahl ihrer jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkte an der Politik der Europäischen Union zu beteiligen. Durch eine aktive Teilnahme der EU-BürgerInnen an den politischen Prozessen wird die Europäische Union als Ganzes gestärkt. Die WählerInnen tragen durch ihre Wahlentscheidung zur Gestaltung der wesentlichen Fragen bei, über die im EU-Parlament entschieden wird: von wirtschaftlichen Belangen über Migrationsthemen bis hin zur Bekämpfung der Klimakrise.
Die Europäische Union beruht auf der gemeinsamen Achtung von Grundrechten und demokratischen Grundsätzen. Mit dem Wahrnehmen des Wahlrechts werden diese Rechte eingefordert. Um die Bedeutung der Europawahlen näher zu erläutern, werden im Folgenden die Aufgaben des Europäischen Parlaments genauer erklärt.
Was ist das Europäische Parlament?
Das Europäische Parlament vertritt die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und ist eine einzigartige, multinationale parlamentarische Versammlung, die auf EU-Ebene eine Plattform für politische Debatten bietet. Die drei wesentlichen Aufgaben des Parlaments umfassen: Gesetzgebung, Aufsicht und Haushalt. Somit werden im Europäischen Parlament Entscheidungen über wichtige Themen getroffen, die den Alltag der EU-BürgerInnen unmittelbar beeinflussen. Relevante Fragen sind zum Beispiel: Wie kann die europäische Wirtschaft angekurbelt werden? Wie kann der Energieverbrauch verringert werden? Wie kann die Sicherheit unserer Lebensmittel garantiert werden?
Während der Plenartagung stimmen die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) über Rechtsvorschriften der EU ab und beziehen in Aussprachen Stellung zu aktuellen Angelegenheiten. In Vorbereitung der Plenartagungen arbeiten die Abgeordneten in 23 Ausschüssen. Die insgesamt 44 Delegationen des Europäischen Parlaments pflegen Beziehungen zu Parlamenten in Drittländern und tauschen Informationen mit ihnen aus.
Das Europäische Parlament hat 751 direkt gewählte Mitglieder. Die Funktionsperiode dieser Abgeordneten erstreckt sich über je 5 Jahre. In der letzten Legislaturperiode waren im Europäischen Parlament insgesamt 8 Fraktionen vertreten. Die Fraktionen schließen sich nach politischer Zugehörigkeit im Querschnitt über die EU-Mitgliedsstaaten zusammen. Um eine Fraktion bilden zu können, sind mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens 7 verschiedenen EU-Mitgliedsländern erforderlich. Die größten Fraktionen sind mit 182 bzw. 154 Sitzen dabei derzeit die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) (EVP) und die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D).
Ergebnisse der Wahl zum Europäischen Parlament – 2019 (inkl. Sitze der Abgeordneten des Vereinigten Königreichs)
Quelle: Europäisches Parlament.
Durch die Aufgabenstellung des Europäischen Parlaments ergeben sich drei Befugnisse: die Legislativbefugnis, die Haushaltsbefugnis und die Kontrollbefugnis:
Das Europäische Parlament ist im Rahmen seiner Legislativbefugnis für den Erlass von EU-Rechtsvorschriften zuständig. Das Parlament entscheidet jedoch nicht alleine über die Rechtsvorschriften, sondern gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union (siehe Info-Box) in einem Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren. Die die überwiegende Mehrheit der EU-Gesetze wird vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam erlassen, zum Beispiel in den Gebieten wirtschaftliche Ordnungspolitik, Einwanderung, Energie, Verkehr, Umweltschutz oder Verbraucherschutz. In manchen besonderen Legislativverfahren sind der Rat der Europäischen Kommission und das Parlament nicht gleichgestellt, sondern das Parlament hat lediglich eine beratende Rolle.[1] Die nationalen Parlamente überprüfen, ob die Entwürfe von EU-Rechtsakten im Einklang mit dem so genannten Subsidiaritätsprinzip stehen. Die Europäische Gemeinschaft kann nur dann in nationalen Angelegenheiten tätig werden, wenn der Mitgliedsstaat selbst diese Angelegenheiten weder auf zentraler (in Österreich Parlament in Wien), noch auf regionaler (Landtag Steiermark) oder auf lokalen Ebene (Gemeinderat) ausreichend lösen kann.
Im Rahmen der Haushaltsbefugnis wird der Haushaltsplan als jährlicher Finanzplan gemeinsam von der Europäischen Kommission, dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament beschlossen. Die Europäische Kommission legt einen Entwurf vor, der dem Parlament und dem Rat vorgelegt wird. Der Rat einigt sich auf einen Standpunkt, den das Parlament billigen oder abändern kann. Über dem jährlichen Finanzplan steht der mehrjährige Finanzrahmen (siehe Kapitel 1 sowie eine ausführlichere Beschreibung im Bericht EUBIS 2016/17). Für die Umsetzung des EU-Haushaltes, und somit für die ordnungsgemäße Verwendung der EU-Mittel für Finanzhilfen und Förderungen, ist die Europäische Kommission zuständig. Das europäische Parlament, das unmittelbar gewählt wurde und somit die EU-SteuerzahlerInnen vertritt, übt eine demokratische Kontrolle aus. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die EU-Gelder ordnungsgemäß verwaltet werden.
Neben der Zuständigkeit, die rechtmäßige Umsetzung des Haushaltplanes zu kontrollieren, besitzt das EU-Parlament durch seine Kontrollbefugnis eine Anzahl weiterer Kontrollmöglichkeiten, wodurch die Arbeit der EU-Institutionen überwacht wird. So ist bspw. der Präsident des Europäischen Rates nach den Gipfeltreffen dem Europäischen Parlament gegenüber zur Berichtslegung verpflichtet. Bezüglich der Wahlen der Europäischen Kommission hat das Europäische Parlament bspw. das Recht den Vorschlag über die Europäische Kommission zu bestätigen oder abzulehnen bzw. werden designierte Kommissionsmitglieder aufgefordert, nach einem schriftlichen Verfahren zur Anfragebeantwortung der Fragen der EU-Abgeordneten bei einer Anhörung vor dem Europäischen Parlament zu erscheinen. Das Europäische Parlament hat zudem die Befugnis, den Europäischen Gerichtshof aufzufordern, gegen die Kommission oder den Rat vorzugehen, falls wenn diese nicht im Sinne des EU-Rechts handeln sollten. Somit gewährleistet das Europäische Parlament die demokratische Kontrolle.
Rat der Europäischen Union: Im Rat der EU kommen die MinisterInnen der einzelnen EU-Länder zusammen, um Rechts-vorschriften zu diskutieren, zu ändern und anzunehmen. Die MinisterInnen sind dabei befugt, für die Regierung der von ihnen vertretenen Mitgliedsstaaten verbindlich zu handeln. Der Rat der EU ist nicht mit dem Europäischen Rat und dem Europarat zu verwechseln |
Die Europäische Kommission: Die Europäische Kommission ist eine politisch unabhängige Exekutive der EU und für die Erarbeitung von Vorschlägen für neue europäische Rechtsvorschriften zuständig. Des Weiteren setzt die Europäische Kommission die Beschlüsse des Europäischen Parlaments und des Rates der EU um. |
Die Europawahl in Österreich und der Steiermark
In Österreich fand die letzte Europawahl 2019 am 26. Mai statt. Vor der Wahl stellte Österreich 18 der 751 Abgeordneten. Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) wurde die Gesamtzahl der Abgeordneten von 751 auf 705 verkleinert und die Zahl der österreichischen Sitze stieg auf 19 an. Bei der Europawahl 2019 standen in Österreich die folgenden Parteien zur Wahl:
Kandidierende Parteien bei der Europawahl 2019
Parteibezeichnung | Kurzbezeichnung | Fraktion |
Österreichische Volkspartei | ÖVP | EPP |
Sozialdemokratische Partei Österreichs | SPÖ | S&D |
Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) – Die Freiheitlichen | FPÖ | ENF |
Die Grünen – Grüne Alternative | GRÜNE | G-EFA |
NEOS – Das Neue Europa | NEOS | ALDE |
EUROPA JETZT – Initiative Johannes Voggenhuber | EUROPA | G-EFA* |
KPÖ PLUS – European Left, offene Liste | KPÖ | GUE-NGL* |
Quelle: Eigene Darstellung JR-LIFE; basierend auf BMI (2019). *EUROPA JETZT und KPÖ PLUS sind derzeit nicht im EU-Parlament, es wurde die inhaltlich passende Fraktion angeführt.
Bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 lag die durchschnittliche Wahlbeteiligung in der gesamten EU bei 50,7 %. In Österreich lag die Wahlbeteiligung mit 59,8 % über dem Durchschnitt. Die Wahlbeteiligung in der Steiermark lag 2019 bei rund 56,7 % und über dem europäischen aber unter dem österreichischen Durchschnitt. Die Ergebnisse der Europawahl 2019 für die steirischen Bezirke sind nachfolgend dargestellt.
Ergebnisse Europawahlen 2014 für die Steiermark
Wahl-beteiligung | ÖVP | SPÖ | FPÖ | GRÜNE | NEOS | KPÖ Plus | EUROPA JETZT! | |
Graz (Stadt) | 61,14% | 31.184 | 24.288 | 15.298 | 30.504 | 14.408 | 2.483 | 1.773 |
Deutschlandsberg | 55,20% | 10.599 | 5.513 | 6.534 | 2.575 | 1.783 | 201 | 198 |
Graz-Umgebung | 58,38% | 24.824 | 13.883 | 14.345 | 9.608 | 6.012 | 630 | 607 |
Leibnitz | 53,48% | 14.474 | 5.936 | 8.896 | 2.997 | 2.168 | 226 | 249 |
Leoben | 54,61% | 7.449 | 8.340 | 5.632 | 2.207 | 1.873 | 355 | 207 |
Liezen | 51,09% | 12.031 | 7.812 | 5.881 | 3.195 | 2.307 | 230 | 217 |
Murau | 54,88% | 5.867 | 2.312 | 2.530 | 877 | 836 | 69 | 83 |
Voitsberg | 53,55% | 7.539 | 5.679 | 5.728 | 1.876 | 1.360 | 237 | 164 |
Weiz | 57,53% | 17.214 | 7.447 | 8.521 | 4.753 | 2.670 | 301 | 293 |
Murtal | 54,43% | 10.599 | 9.392 | 6.379 | 2.427 | 1.880 | 377 | 195 |
Bruck-Mürzzuschlag | 55,72% | 12.914 | 14.661 | 8.614 | 3.849 | 2.817 | 436 | 366 |
Hartberg-Fürstenfeld | 58,30% | 20.445 | 6.015 | 9.667 | 3.961 | 2.274 | 201 | 228 |
Südoststeiermark | 54,93% | 18.633 | 4.894 | 9.015 | 3.093 | 2.165 | 221 | 205 |
Steiermark | 56,71% | 193.772 | 116.172 | 107.040 | 71.922 | 42.553 | 5.967 | 4.785 |
59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | ||
Österreich | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% | 59,80% |
Sitze im EU-Parlament | 7 | 5 | 3 | 2 | 1 | 0 | 0 |
Quelle: Amt der Steiermärkischen Landesregierung (2019), eigene Darstellung JR-LIFE.
Quellen:
Amt der Steiermärkischen Landesregierung (2019): Europawahl am 26. Mai 2019 – Landeswahlkreis 6 – Steiermark. Endgüliges Ergebnis
BMI (2019): Europawahlen 2019. Bundesministerium für Inneres. URL: https://www.bmi.gv.at/412/Europawahlen/Europawahl_2019/start.aspx.
Europäische Union (2019): Institutions and bodies. URL: https://europa.eu/european-union/about-eu/institutions-bodies/.
Europe Direct, https://www.europa.steiermark.at/cms/ziel/4374611/DE/
Europäisches Parlament (2021): Ergebnisse der Wahl zum Europäischen Parlament – 2019. URL: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/in-the-past/previous-elections.
Europäisches Parlament (2019a): Europawahlen 2019: Werden Sie aktiv. URL: https://www.europawahl.eu/mitmachen.
Europäisches Parlament (2019b): Informieren. URL: http://www.europarl.europa.eu/portal.
Europäisches Parlament (2019c): Haushaltsbefugnis. URL: http://www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/powers-and-procedures/budgetary-powers.
[1] Vgl. Europäisches Parlament (2019b).