1995-2020: 25 Jahre Österreich in der EU
Österreich ist seit 1995 Mitglied der Europäischen Union. Bei der im Vorfeld durchgeführten Volksabstimmung über den EU-Beitritt sprachen sich zwei Drittel der Österreicher/innen für die EU-Mitgliedschaft aus. Österreich wurde somit im Rahmen der vierten EU-Erweiterung (sog. EFTA-Erweiterung) am 1. Jänner 1995 Mitglied der Europäischen Union, gemeinsam mit Schweden und Finnland.
Die Europäische Union bestand zu diesem Zeitpunkt aus 15 Mitgliedsstaaten. Derzeit besteht die EU – nach drei weiteren Erweiterungen und einem Austritt (Vereinigtes Königreich) – aus 27 Mitgliedsstaaten. Aktuell gibt es fünf Kandidatenländer: Albanien, die Republik Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei. Bosnien und Herzegowina sowie das Kosovo sind potenzielle Kandidatenländer.
Die Rolle Österreichs und der Steiermark in der EU
Trotz seiner geringen Größe besitzt die Stimme Österreichs in der EU Gewicht. Im Europäischen Parlament fällt die Sitzverteilung zu Gunsten kleinerer bzw. mittelgroßer Staaten aus. So verfügt Österreich über 19 Abgeordnete, während Deutschland trotz deutlich größerer Bevölkerung 96 Abgeordnete verzeichnet. Zudem müssen für das Erreichen einer qualifizierten Mehrheit, mit der 80 % der EU-Rechtsvorschriften im Rat der Europäischen Union angenommen werden, 55 % der Mitgliedstaaten, die 65 % der Gesamtbevölkerung repräsentieren, zustimmen.
Für die Europäische Kommission arbeiten aktuell 475 Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, was rund 1,5 % der insgesamt rund 32.400 Mitarbeiter/innen entspricht (Stand: 1. Jänner 2019). Der derzeitige österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn übernahm 2019 die gewichtigen Bereiche Haushalt und Verwaltung.
Drei Mal hatte Österreich bereits den Vorsitz des Rates der Europäischen Union (EU-Ratspräsidentschaft) inne: 1998, 2006 und 2018. Das nächste Mal wird Österreich planmäßig im ersten Halbjahr 2032 den Vorsitz übernehmen.
Die Bürger/innen der EU und so auch die Österreicher/innen haben die Möglichkeit aktiv an der EU-Gesetzgebung mitzuwirken. Die Europäische Kommission veranstaltet etwa laufend Konsultationen zu den unterschiedlichsten Themen, wie beispielsweise zur Kennzeichnung von Fleisch, zum EU-China-Zollabkommen etc. Diese sind öffentlich zugänglich und die EU-Bevölkerung ist eingeladen, zu Geltungsumfang, Prioritäten und Mehrwert neuer EU-Initiativen Stellung nehmen oder bestehende Politiken und Rechtsvorschriften zu bewerten. Eine Übersicht der aktuellen Themen findet sich unter: ec.europa.eu/info/consultations. Eine weitere Möglichkeit ist die die Europäische Bürgerinitiative (EBI). Wenn Bürger/innen zu einem bestimmten Vorhaben, das innerhalb der EU-Kompetenzen liegt, 500.000 Unterschriften vorlegen, können sie damit die Kommission auffordern, zu diesem Vorhaben tätig zu werden. Besteht die Zuständigkeit der Kommission, muss sich diese auch mit dem Anliegen befassen.
Mit Graz 2003 und Linz 2009 gab es bereits zwei Europäische Kulturhauptstädte aus Österreich. Als nächste österreichische Stadt wird Bad Ischl 2024 den Titel Europäischen Kulturhauptstadt tragen, gemeinsam mit Tartu (Estland) und Bodø (Norwegen).
Auch durch seine Ständige Vertretung Österreichs bei der EU kommuniziert Österreich mit den EU-Institutionen. Als Österreichs “Botschaft in der EU” besteht ihre Hauptaufgabe darin, sicherzustellen, dass die Interessen und Politiken des Landes in der EU so effektiv wie möglich verfolgt werden.
Die regionalen Anliegen der Steiermark werden u.a. durch das Steiermark Büro in Brüssel vertreten, das seit 1994 das Verbindungsbüro der Region zur Europäischen Union darstellt. Die vielfältigen Aufgaben umfassen neben dem Monitoring aktueller europapolitischer Fragen, die Beratung steirischer Entscheidungsträger/innen, die Organisation und Betreuung politischer Delegationen sowie die Repräsentation der Steiermark.
Die Rolle der EU in Österreich und der Steiermark
Regelmäßig durchgeführte Umfragen der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) zeigen, dass die Zustimmung der Österreicher/innen zur EU-Mitgliedschaft stets auf einem konstant hohen Niveau liegt. Bei der letzten Umfrage im September 2019 befürworteten 74 % der Befragten Österreichs EU-Mitgliedschaft. 10 % plädierten hingegen für einen Austritt aus der Union.
Grenzenloses Reisen, grenzenlose Währung
Die EU-Mitgliedschaft hat Österreich und auch die Steiermark in den letzten 25 Jahren deutlich geprägt. Vor allem der freie Personenverkehr ist neben dem freien Warenverkehr seit jeher eines der großen Ziele der Europäischen Integration. Durch das Schengener Abkommen wurden die Grenzkontrollen zwischen Österreich und anderen Schengen-Staaten 1997 (Flugverkehr) bzw. 1998 (Landgrenzen) abgeschafft. Entlang der Steiermark verlief nach dem Beitritt Sloweniens zur EU im Jahr 2004 zwar keine EU-Außengrenze mehr, die Schengen-Außengrenze bestand jedoch noch bis 2007. Vorübergehende Ausnahmen zur Wiedereinführung der Grenzkontrollen sind jedoch in bestimmten sicherheitsrelevanten Situationen möglich. Diese waren für Österreich bspw. die Fußball-Europameisterschaft 2008 und die Tagung des Weltwirtschaftsforums 2011. Aktuell sind jedoch zahlreiche Grenzen zwischen den Mitgliedsländern geschlossen: seit September 2015 aufgrund der Flüchtlingskrise, sowie seit März 2020 in verschärfter Form aufgrund der Corona-Krise.
Seit dem 1. Januar 2002 gilt mit dem Euro eine gemeinsame Währung als gesetzliches Zahlungsmittel in vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Eurozone), die die einfacheren Abwicklungen auf dem Binnenmarkt unterstützt und den freien Warenverkehr auch auf Zahlungseben zu erleichtert. Inzwischen gilt der Euro in 19 der 27 EU-Mitgliedsstaaten.
Bei der wirtschaftlichen Entwicklung der EU-Staaten zeigen sich zwei wesentliche Trends: Einerseits sind es vor allem verhältnismäßig kleine, aber exportstarke Nationen, die am stärksten von der EU-Mitgliedschaft profitieren. Außerdem profitieren Länder im geographischen Zentrum Europas deutlich stärker. Länder wie Österreich oder auch die Niederlande profitieren in hohem Ausmaß vom EU-Binnenmarkt, da sie über wettbewerbsfähige Branchen verfügen, aufgrund kleiner Inlandsmärkte aber vom Export abhängig sind.
Die „Nettozahler-Position“ Österreichs wird oft kritisiert, allerdings fehlt bei dieser Diskussion meist der Blick auf wichtige Vorteile des EU-Binnenmarktes, die über die Frage, wie hoch die Rückflüsse von der EU an Österreich im Vergleich zum österreichischen Bruttobeitrag ausfallen, hinausgehen. Ein wesentlicher Vorteil sind bspw. die jährlichen Einsparungen von mindestens 1,7 Mrd. € durch den Wegfall der Zollgrenzen, die bereits alleine den jährlichen österreichischen Nettobeitrag übersteigen. 2018 lag der österreichische Nettobeitrag bei r. 1,35 Mrd. €.
Die Bedeutung des Außenhandels hat seit dem EU-Beitritt stark zugenommen: Die österreichischen Güterexporte haben sich von 42,2 Mrd. € im Jahr 1995 auf 150,1 Mrd. € im Jahr 2018 erhöht. 2018 waren rund 70 % der österreichischen Exporte, und somit ein Wert von rd. 105 Milliarden Euro, für andere EU-Mitgliedsstaaten bestimmt. Der Anteil der steirischen Exporte in andere EU-Staaten lag 2018 bei rd. 65 %.
Österreich | Steiermark | |
Importe insgesamt | 156,1 Mrd. € | 19,3 Mrd. € |
Importe aus EU-Staaten | 110,3 Mrd. € | 14,6 Mrd. € |
Anteil Importe aus EU-Staaten | 71 % | 76 % |
Exporte insgesamt | 150,1 Mrd. € | 25,4 Mrd. € |
Exporte in EU-Staaten | 104,9 Mrd. € | 16,6 Mrd. € |
Anteil Exporte in EU-Staaten | 70 % | 65 % |
Wirtschaftliche Verflechtungen Österreichs und der Steiermark mit der EU, 2018.
Quelle: Statistik Austria – Außenhandel; eigene Berechnungen JR-LIFE.
Aus Sicht der steirischen Wirtschaft ist die Bedeutung der Europäischen Union eindeutig: Für rund 87 % der von der Wirtschaftskammer Steiermark im Jahr 2018 befragten steirischen Unternehmen ist die EU ökonomisch betrachtet eine wichtige (36 %) bzw. sogar sehr wichtige (51 %) Institution. Für lediglich 13 % der Befragten spielt die EU nur eine untergeordnete (10 %) bis gar keine Rolle (3 %). Aus Unternehmenssicht sind die Warenverkehrsfreiheit und die gemeinsame Währung von besonderer Bedeutung. Die mit Abstand wichtigste Funktion der EU ist für die Befragten jedoch die Sicherung und Erhaltung des Friedens in Europa (86 % Zustimmung als sehr wichtig).
Forschung, Entwicklung und Innovation
Die Forschungsförderung der EU wird so genannten Forschungsrahmenprogrammen gebündelt. Bis 2014 wurden EU-weit in sieben Programmen in Summe 110,4 Mrd. € an Förderungen ausgeschüttet. Mit dem Programm Horizon 2020 wurden für den Zeitraum zwischen 2014 und 2020 rund 80 Mrd. € an Forschungsförderung zur Verfügung gestellt. Nachfolger von Horizon 2020 wird das 9. EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, genannt Horizon Europe, mit rund 100 Mrd. € an Fördermitteln sein.
Österreich konnte mit seinem Fokus auf die Forschung und Entwicklung im Inland die Teilnahme an den bisherigen EU-Forschungsprogrammen sehr gut nützen. Bislang wurden im Rahmen von Horizon 2020 insgesamt 28.355 Projekte bewilligt. An 2.388 Projekten waren österreichische Institutionen beteiligt, was einer Teilnahme an 8,4 % aller Projekte und einer zugesagten Förderung von 1,46 Mrd. € entspricht. Die Steiermark ist dabei hinter Wien das zweiterfolgreichste Bundesland mit einer Anzahl von 576 Projekten und zugesagten Förderungen in Höhe von 322,8 Millionen Euro (Stand: 1. März 2020).
Dieser Fokus auf die Forschung und Entwicklung spiegelt sich in der so genannten F&E-Quote wider (Anteil von F&E-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt). Gemessen an den anteiligen F&E-Ausgaben lag Österreich 2018 mit 3,2 Prozent EU-weit auf Platz 2 hinter Schweden (3,3 Prozent).
Die F&E-Quote in Österreich hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dabei ist vor allem die Steiermark deutlicher Vorreiter und liegt nicht nur deutlich über dem EU-Durchschnitt, sondern auch an der Spitze im Bundesländer-Vergleich.
Entwicklung der F&E-Quote im Österreich- und EU-Vergleich.
Quelle: WIBIS Steiermark, EUROSTAT; eigene Darstellung JR-LIFE. Anmerkung: „EU“ entspricht den EU27 ohne das vereinigte Königreich. Auf Bundesländer-Ebene wird die Berechnung der F&E-Quote nur jedes zweite Jahr durchgeführt. Umstellung der Zeitreihe von 2006 auf 2007. Darstellung der verfügbaren Jahre.
Weitere Informationen finden Sie im EUBIS-Bericht unter Analysen.
Quellen:
- BMI: Grenzkontrollen zu Nachbarstaaten anlässlich des World Economic Forum. 2011. OTS0088, 26. Mai 2011.
- Bundeskanzleramt: #at25eu Hintergrundinformation. 2020. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/at25eu/hintergrundinfo.html.
- Europäische Kommission: Der Schengen-Raum. GD Migration und Inneres. 2016. https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/e-library/docs/schengen_brochure/ schengen_brochure_dr3111126_de.pdf.
- Europäische Kommission. Horizon Europe. 2019. https://ec.europa.eu/info/files/horizon-europe-factsheet_en.
- Europäische Kommission: EU-Erweiterung. 2020. https://ec.europa.eu/info/policies/eu-enlargement_de.
- Europäische Union: Alle EU-Länder im Überblick. 2020. https://europa.eu/european-union/about-eu/countries/member-countries_de.
- FFG: EU-Performance Monitor: Horizon 2020. https://eupm.ffg.at/ui/login/.
- Europäische Kommission – Vertretung in Österreich: 25 Jahre Österreich in der EU. https://ec.europa.eu/austria/news/focus/at25eu_de.
- Land Steiermark: Steiermark Büro in Brüssel. https://www.europa.steiermark.at/cms/ziel/42352729/DE.
- Mion G., Ponattu D.: Estimating economic benefits of the Single Market for European countries and regions. Policy Paper. Bertelsmann Stiftung. 2019.
- gv.at: Historische Entwicklung der 27 Mitgliedstaaten. 2020. https://www.oesterreich.gv.at/themen/leben_in_oesterreich/leben_in_der_eu/5/Seite.2393004.html.
- Rechtsinformationssystem des Bundes: Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen, Fassung vom 01.07.2008.
- Statistik Austria: Außenhandel.
- Wirtschaftskammer Österreich: Österreich in der EU. Die heimische Wirtschaft im Binnenmarkt. Abteilung Europapolitik. 2020.
- Wirtschaftskammer Steiermark: Die Europäische Union und der Wirtschaftsstandort Steiermark. Analyse anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs 2018. Sonderpublikation 01/2018. Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung. 2018.