Next-Generation-EU in der Steiermark

NextGenerationEU – das Kernstück der Reaktion der EU auf die Covid-19-Pandemie – hat zum Ziel, die wirtschaftliche Erholung der Mitgliedsstaaten zu unterstützen und die Zukunft der Europäischen Union grüner, digitalisierter und widerstandsfähiger zu gestalten. NextGenerationEU wurde neben dem aufgestockten langfristigen Haushalt für die Jahre 2021-2027 als Teil eines Konjunkturpakets vereinbart, das insgesamt über 2 Billionen EUR (zu jeweiligen Preisen) umfasst. Die nachfolgende Abbildung skizziert die Zusammensetzung der EU-Finanzmittel für die kommenden Jahre.

Quelle: Eigene Darstellung, auf Basis von European Commission (2021): The EU’s 2021-2027 long-term Budget and NextGenerationEU – Facts and Figures; Werte in Milliarden Euro.

Die Finanzierung von NextGenerationEU erfolgt durch Anleihen auf den Kapitalmärkten. Dabei werden bis Ende 2026 rd. 800 Mrd. EUR (zu jeweiligen Preisen) mobilisiert. Die Anleihen werden über einen vergleichsweise langen Zeitraum bis 2058 zurückgezahlt. Dadurch wird der unmittelbare Druck auf die nationalen Finanzen der Mitgliedstaaten vermieden und ein besserer Fokus auf die wirtschaftliche Erholung ermöglicht. Für die Rückzahlung wird geprüft, ob im EU-Haushalt zusätzlich zu den bereits bestehenden Mitteln neue Eigenmittel oder Einnahmequellen eingeführt werden können.

Aufbau- und Resilienzfazilität

Zentrales Element von NextGenerationEU ist die so genannte „Aufbau- und Resilienzfazilität“ (Recovery and Resilience Facility – RRF), die am 19. Februar 2021 in Kraft getreten ist. Parallel dazu wird NextGenerationEU mehrere EU-Programme aufstocken. Die Aufbau- und Resilienzfazilität ist ein befristetes Sanierungsinstrument der Europäischen Kommission zur Behebung der unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Mit diesem Instrument werden Zuschüsse (grants) und Darlehen (loans) zur Unterstützung von Reformen und Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten im Gesamtwert von 723,8 Mrd. EUR (zu jeweiligen Preisen) zur Verfügung gestellt. Die Aufbau- und Resilienzfazilität ist eng an den Prioritäten der Europäischen Kommission ausgerichtet, um langfristig einen nachhaltigen und integrativen wirtschaftlichen Aufschwung zu gewährleisten, der gleichzeitig den grünen und digitalen Wandel fördert.

Um die Unterstützung durch die Fazilität in Anspruch nehmen zu können, müssen die EU-Mitgliedstaaten ihre Pläne für Aufbau und Resilienz der Europäischen Kommission vorlegen. In diesen Plänen sind Reform- und Investitionsvorhaben darzustellen, die zu einem nachhaltigen und inklusiven Wachstum beitragen. Die enthaltenen Reformen und Investitionen sollen bis 2026 umgesetzt werden. Die Kommission bewertet die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten und überträgt deren Inhalt in verbindliche Rechtsakte. Daraufhin kann der Rat den Vorschlag der Kommission annehmen und damit eine Vorfinanzierung der geplanten Maßnahmen auslösen.

Die Aufbau- und Resilienzpläne sollen die im Europäischen Semester ermittelten Herausforderungen berücksichtigen, insbesondere die länderspezifischen Empfehlungen des Rates von 2019 und 2020. Mindestens 37 % der Ausgaben sind für klimarelevante Investitionen und Reformen zu verwenden, mindestens 20 % für die Förderung des digitalen Übergangs (digital transition). Darüber hinaus soll der Aufbau- und Resilienzplan jedes Mitgliedsstaates zu den vier Dimensionen beitragen, die in der jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 dargelegt sind:

  • Ökologische Nachhaltigkeit
  • Digitaler Wandel und Produktivität
  • Gerechtigkeit
  • Makroökonomische Stabilität

Die Zuteilung der Mittel im Rahmen von NextGenerationEU auf die EU-Staaten erfolgt nach dem Grad der Betroffenheit durch die Covid-19-Pandemie. Der deutlich größte Teil der Aufbau- und Resilienzfazilität ist für Spanien und Italien vorgesehen (69,5 Mrd. EUR bzw. 68,9 Mrd. EUR, zu jeweiligen Preisen). Für Österreich stehen Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität in Höhe von rd. 3,5 Mrd. EUR (zu jeweiligen Preisen) zur Verfügung. Um diese Mittel beanspruchen zu können, wurde im April 2021 ein nationaler Aufbau- und Resilienzplan an die Europäische Kommission übermittelt. Dieser ist Teil des nationalen Österreichischen Comeback-Plans. Neben bundesweiten Maßnahmen und Reformen, wie dem Mobilitätsmasterplan 2030, sind für die Steiermark im Speziellen die folgenden Investitionen, auch zur Unterstützung von bereits laufenden Projekten, relevant:

Bereich Breitbandausbau – Gigabit-fähige Zugangsnetze und symmetrische Gigabit-Anbindungen in Bereichen mit besonderen sozioökonomischen Schwerpunkten:

Vor allem die „Flächenbundesländer“ Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten liegen bei der Gigabit-Versorgung in Österreich im hinteren Feld. Diese Bundesländer sind gekennzeichnet durch eine hohe Zersiedelung, wodurch sehr hohe Ausbaukosten entstehen. Die „Initiative Breitband Austria 2030“ unterstützt mit gezielten Förderungsinstrumenten das Vorhaben, Österreich zu einer führenden Digitalnation in der EU zu machen. Die Breitbandinitiative soll insbesondere zur Chancengleichheit zwischen städtischem und ländlichem Raum beitragen, um gleichwertige Lebensbedingungen für alle Menschen in allen Regionen Österreichs zu erreichen.

Bereich umweltfreundliche Mobilität – Errichtung neuer Bahnstrecken und Elektrifizierung von Regionalbahnen:

Geplant ist u. a. die unterstützende Investition in eine verbesserte Anbindung der Räume Weststeiermark (Deutschlandsberg) an den überregionalen Bahnverkehr bzw. an den Großraum Graz – insbesondere für den Pendelverkehr. Die Koralmbahn stellt dabei die Grundlage für eine Ausweitung des S-Bahn-Angebotes in der Steiermark und auch in Kärnten dar. Zudem ist die Errichtung der Koralmbahn in der Steiermark ein Treiber für die Elektrifizierung des Streckennetzes der Graz-Köflacher Bahn (GKB).

Projektabschnitte:

  • Graz – Feldkirchen (Gesamtkosten 267,2 Mio. EUR / Kosten 2020-2026: 82,3 Mio. EUR): Viergleisiger Ausbau des zweigleisigen Abschnittes von Graz bis Feldkirchen inkl. Vervollständigung der Haltestelle Don Bosco, des Bahnhofs Puntigam und der Haltestelle Feldkirchen-Seiersberg. (aktuell sind Teile in Betrieb, die Rohbaubauarbeiten sind parallel in Umsetzung)
  • Feldkirchen – Weitendorf (434,2 Mio. EUR / 405 Mio. EUR): Errichtung von 13 km Neubaustrecke inkl. 3,2 km langem zweigleisigem Tunnel im Flughafenbereich, Errichtung von 12 neuen Brückenbauwerken, Ausrüstung mit Schotteroberbau und konventioneller Streckenausrüstung (Freilandstrecke) sowie fester Fahrbahn und Stromschiene (Flughafentunnel), Anbindung Terminal Werndorf, Errichtung Güterbahnhof Wundschuh. (aktuell sind die Rohbauarbeiten in Umsetzung)
  • Werndorf – Weitendorf – Wettmannstätten (374,9 Mio. EUR / 71,1 Mio. EUR): 1,2 km langer eingleisiger Neubauabschnitt inkl. landschaftlicher und wasserbaulicher Begleitmaßnahmen und 13 km langer zweigleisiger Neubauabschnitt, Errichtung Bahnhof Hengsberg und Bahnhof Wettmannstätten, Neubau von Tunnelbauwerken, Straßen- und Eisenbahnbrücken, Lärmschutzmaßnahmen und landschaftliche bzw. wasserbauliche Begleitmaßnahmen. (aktuell ist der Abschnitt bis auf Restarbeiten nahezu fertiggestellt, die Restarbeiten erfolgen laufend bis zur Inbetriebnahme 2025)
  • Wettmannstätten – Deutschlandsberg (275,3 Mio. EUR / 124,7 Mio. EUR): 9 km langer zweigleisiger Neubauabschnitt inkl. Anbindung der Graz-Köflacher Bahn (GKB) an den Bahnhof Weststeiermark, Errichtung Bahnhof Weststeiermark, Neubau von Straßen- und Eisenbahnbrücken, Lärmschutzmaßnahmen sowie landschaftliche und wasserbauliche Begleitmaßnahmen. (aktuell befindet sich der Abschnitt im Rohbau, große Teilen der Ausrüstung sind fertig gestellt, die restlichen Arbeiten erfolgen laufend bis zur Inbetriebnahme 2025)

REACT-EU

Die zweitgrößte Säule von NextGenerationEU nach der Aufbau- und Resilienzfazilität ist die Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und für Europas Regionen „REACT-EU“. Dafür stehen europaweit 50,6 Mrd. EUR (zu jeweiligen Preisen) zur Verfügung. Österreich erhält davon im Jahr 2021 insgesamt 219 Mio. EUR (zu jeweiligen Preisen). Die Mittel fließen in bestehende Förderprogramme des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD). Österreichs noch laufendes Programm IWB/EFRE 2014-2020 erhält bspw. im Jahr 2021 rund 124 Mio. EUR an zusätzlichen Fördermitteln aus REACT-EU, die für eine grüne, digitale und stabile Erholung der Wirtschaft verwendet werden. Insgesamt sollen dadurch knapp 300 Mio. EUR an privaten Investitionen ausgelöst und somit Gesamtinvestitionen von 425 Mio. EUR umgesetzt werden.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Verteilung der zusätzlichen EFRE-Mittel aus REACT-EU auf die Bundesländer (gerundet).

Burgenland 14,6 Mio. EUR
Kärnten 12,7 Mio. EUR
Niederösterreich 22,9 Mio. EUR
Oberösterreich 18 Mio. EUR
Salzburg 4,9 Mio. EUR
Steiermark 29,2 Mio. EUR
Tirol 7,5 Mio. EUR
Vorarlberg 4,1 Mio. EUR
Wien 10 Mio. EUR

Quelle: Österreichische Raumordnungskonferenz – ÖROK.

In der Steiermark wurde im Rahmen von REACT-EU bspw. Ende April 2021 von der Steiermärkischen Landesregierung eine Sonderförderung für die thermische Sanierung von Mietwohnungen im Eigentum gemeinnütziger Bauvereinigungen beschlossen. Dadurch soll ein Konjunkturimpuls für die heimische Bauwirtschaft gesetzt werden, sowie gleichzeitig die thermische Gebäudesanierung forciert und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Dafür stehen aus REACT-EU in Summe 8 Mio. EUR zur Verfügung, wodurch Investitionen in Höhe von mindestens 16 Mio. EUR ausgelöst werden sollen. Die steirische Wohnbauförderung profitiert dabei bei Gebäudesanierungen erstmalig von EU-Mitteln. Die Fördermittel werden in Form von einmaligen, nicht rückzahlbaren Zuschüssen in Höhe von 40 % der anrechenbaren Projektkosten vergeben. Um die Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien zu forcieren, erhöht sich die Förderung auf 50 % der anrechenbaren Projektkosten, wenn bei der Sanierung mindestens 25 % Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet werden. Der steirische Weg aus der Krise zurück auf den wirtschaftlichen Erfolgskurs ist damit durch das Miteinander von Wirtschaft und Klimaschutz gekennzeichnet.

 

Quellen:
Bundeskanzleramt (2021): Comeback-Plan soll Österreich zu wirtschaftlicher Stärke zurückführen. URL: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/nachrichten-der-bundesregierung/2021/04/bundeskanzler-kurz-comebackplan-soll-oesterreich-zu-wirtschaftlicher-staerke-zurueckfuehren.html. Zugegriffen: 07/2021.
Bundeministerium für Finanzen (2021a): Österreichischer Aufbau- und Resilienzplan 2020-2026.
Bundeministerium für Finanzen (2021b): Anhang zum Österreichischen Aufbau- und Resilienzplan 2020-2026.
Europäische Kommission (2021): NextGenerationEU – Aufbauinstrument der Europäischen Union: Kommission rüstet sich mit bis zu 800 Mrd. EUR, um wirtschaftliche Erholung zu finanzieren. URL: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_1703. Zugegriffen: 07/2021.
European Commission (2021a): The Recovery and Resilience Facility. URL: https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/recovery-coronavirus/recovery-and-resilience-facility_de#the-facility-and-nextgenerationeu. Zugegriffen: 07/2021.
European Commission (2021b): The EU’s 2021-2027 long-term Budget and NextGenerationEU – Facts and Figures. ISBN 978-92-76-30627-6, doi:10.2761/808559.
Land Steiermark (2021): URL: Sonderförderung „Thermische Sanierung von Mietwohnungen der gemeinnützigen Bauvereinigungen“. https://www.wohnbau.steiermark.at/cms/beitrag/12826489/163566607/ . Zugegriffen: 07/2021.
Land Steiermark (2021): Land Steiermark investiert acht Millionen Euro in thermische Sanierung URL: https://www.politik.steiermark.at/cms/beitrag/12826331/7129389/. Zugegriffen: 07/2021.
oesterreich.gv.at (2021): EU-Aufbauplan Öffentliche Konsultation zum nationalen Aufbau- und Resilienzplan. URL: https://www.oesterreich.gv.at/nachrichten/allgemein/EU-Aufbauplan.html. Zugegriffen: 07/2021.
Österreichische Raumordnungskonferenz – ÖROK (2021): https://www.efre.gv.at/news/newsdetail/europaeischer-wiederaufbauplan-react-eu. Zugegriffen: 07/2021.

15.7.2021