In Europa herrscht derzeit eine gravierende Energiekrise. Mit dem Angriff auf die Ukraine und die dortigen Kampfhandlungen, wobei auch die Lieferung von Gas als Druckmittel eingesetzt wird, kam es zu einem drastischen Anstieg der Energiepreise, der für die Menschen in Europa eine schwere Belastung darstellt. Die EU hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um zielgerichtet und mit Nachdruck gegenzusteuern:
- Einführung neuer Mindestverpflichtungen zur Gasspeicherung und des Ziels zur Senkung der Gasnachfrage um 15 %,
- Beschluss neuer Maßnahmen zur Verringerung des Stromverbrauchs und zur Umleitung von Überschüssen an Haushalte und Industrie,
- Einführung eines Energiepreis-Instrumentariums zur Verringerung des Preisdrucks auf Haushalte und Industrie und zur Erhöhung der Resilienz gegenüber künftigen Preisschocks (bspw. durch Notfall-Einkommensunterstützung für Haushalte, Beihilfen für Unternehmen und gezielte Steuersenkungen auf nationaler Ebene),
- Beschluss von REPowerEU zur ehestmöglichen Beendigung der Abhängigkeit von fossiler Energie aus Russland.
Erste Schritte zur Senkung der steigenden Energiepreise wurden bereits vor Beginn der aktuellen Energiekrise gesetzt. Aufgrund der Kriegshandlungen hat sich die Lage aber deutlich verschärft und das Einleiten umfassender Maßnahmen nötig gemacht. Aktuelle Vorschläge der Europäischen Kommission für Maßnahmen zur Senkung der hohen Energiepreise und zur Gewährleistung der Energie-Versorgungssicherheit für den Winter umfassen etwa eine gemeinsame Energiebeschaffung, Preisbegrenzungsmechanismen an der Gasbörse (TTF), eine transparente Infrastrukturnutzung sowie kontinuierliche Bemühungen zur Senkung der Gasnachfrage.
REPowerEU: der Plan für erschwingliche, sichere und nachhaltige Energie für Europa
Als Reaktion auf die Energiekrise hat die Europäische Kommission den Plan vorgelegt. Der Plan wurde im Mai 2022 beschlossen. REPowerEU sieht Maßnahmen vor, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland schnellstmöglich zu verringern, den ökologischen Wandel zu beschleunigen und dabei die Widerstandsfähigkeit des EU-weiten Energiesystems zu erhöhen. Begleitende Maßnahmen unterstützen den Aufbau der dafür benötigten neuen Energieinfrastrukturen und -systeme. Der Plan orientiert sich an den folgenden Zielen:
- Senkung des Energieverbrauchs
- Erzeugung sauberer Energie
- Diversifizierung der europäischen Energieversorgung
Bis 2027 werden für die schrittweise Entkoppelung von Einfuhren fossiler Energie aus Russland zusätzlich 210 Milliarden Euro benötigt. Diese EU-Mittel werden vorrangig aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility) finanziert (siehe zu diesem Instrument auch den EUBIS-Beitrag „Next-Generation-EU in der Steiermark“). Dazu sollen von den Mitgliedstaaten zusätzliche Kapitel zu REPowerEU in die Aufbau- und Resilienzpläne aufgenommen werden. Weitere Finanzierungsquellen von REPowerEU sind:
- Kohäsionsfonds
- Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums
- Fazilität „Connecting Europe“
- Innovationsfonds
- Nationale und private Investitionen
- Europäische Investitionsbank
Schritte zu mehr Energie-Versorgungssicherheit in der EU
Energieversorgung diversifizieren: In internationaler Zusammenarbeit wird die Energieversorgung der EU auf eine breitere Basis gestellt, was neben Flüssigerdgas (LNG) aus den USA auch Pipeline-Gas aus Norwegen, Aserbaidschan, dem Vereinigten Königreich und Nordafrika umfasst.
Nachfrage verringern: Der dient der Senkung des Gasverbrauches und stützt sich auf die Umstellung von Gas auf alternative Kraftstoffe, Anreize zur Verbrauchsreduktion sowie die Senkung des Heiz- und Kühlbedarfs. Verglichen mit dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre erfolgte bereits eine Reduktion des Gasverbrauches der EU-Mitglieder um 15 %. Russische Gaslieferungen gingen von 40 % auf rund 9 % zurück.
Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen: Das EU-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 soll von 40 % auf 45 % erhöht werden. Die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen innerhalb der EU senkt den Importbedarf und fördert die Unabhängigkeit. Zusätzlich dient erneuerbare Energieerzeugung dem ökologischen Wandel und – mit der Zeit – auch der Senkung der Energiepreise.
Neue Vorschriften für Gasspeicherung: Im Februar 2022 lag die Gasspeicherung bei 30 %, derzeit liegt diese bei über 90 %. Die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten arbeiten eng zusammen, um Europas Energiereserven auszubauen.
Gemeinsamer Energieeinkauf: Eine EU-Plattform zur gemeinsamen Beschaffung von Gas, Flüssigerdgas und Wasserstoff wurde eingerichtet, wodurch die Nachfrage gebündelt, die gemeinsame Kaufkraft hinsichtlich besserer Preise genutzt und das Risiko eines preistreibenden gegenseitigen Überbietens verringert wird.
Niedrigere Kosten für Haushalte und Unternehmen: Eine Senkung der Nachfrage kann sich auf die Strompreise auswirken und dazu beitragen, den Markt zu beruhigen. Die EU-Mitgliedstaaten einigten sich einerseits auf das Ziel, den Gesamtstrombedarf um 10 % zu senken, sowie andererseits auf eine verbindliche Senkung der Stromnachfrage in Spitzenzeiten um 5 %.
Investitionen in Infrastruktur: Terminals für Flüssiggas und Gasverbindungsleitungen innerhalb der EU ermöglichen es den Mitgliedstaaten, ihre Gaslieferungen aus mindestens zwei Quellen zu erhalten sowie einen Umkehrfluss zwischen Nachbarländern. Beispiele für Infrastrukturinvestitionen sind die Gasverbindungsleitung Polen-Litauen (gefördert aus der „Connecting Europe Facility“) und die Gasverbindungsleitung Griechenland-Bulgarien.
You are EU
Der Ukraine-Krieg zeigt auf, wie eng Demokratie, Wirtschaft sowie Energieversorgungssicherheit und -unabhängigkeit miteinander verknüpft sind. In diesem Sinne ruft die Europäische Kommission unter dem Slogan „You are EU“ dazu auf, gemeinsam für die europäischen Werte Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Solidarität einzustehen und miteinander an einer besseren Zukunft mit sauberer, erneuerbarer und in Europa erzeugter Energie zu arbeiten.
„You are EU“ richtet sich an Menschen aus allen EU-Ländern und ist eine Richtschnur für die europäische Zukunft sowie das Bekenntnis, die Umstellung auf saubere, in Europa erzeugte Energie bewerkstelligen zu können und die Zukunft mit sauberen, unabhängigen Energiequellen aktiv zu gestalten.
Förderung von Energieeffizienz und erneuerbarer Energie: IWB/EFRE und das neue Programm IBW/EFRE & JTF
Die Förderung von Energieeffizienz und erneuerbarer Energie findet sich aufgrund der politischen Schwerpunktsetzung auch in vielen EU-Förderschienen der aktuellen Förderperiode 2021-2027 wieder. Das Erreichen eines grüneren, CO₂-ärmeren und widerstandsfähigeren Europas ist beispielsweise eines der fünf Ziele der regionalpolitischen EU-Fonds für die Förderperiode 2021-2027 – ein Ziel auch im Sinne der gesteigerten Energieversorgungssicherheit. Der Europäische “Green Deal” und insbesondere sein Bereich „Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie“ mit Wirkung in Richtung Verbesserung der Energieeffizienz und Senkung des Energieverbrauchs kann die Abkehr von Importen fossiler Energie unterstützen. Unter anderem die EU-Regionalpolitik leistet mit ihren Investitionen einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung des “Green Deal”. Der neu eingeführte Just Transition Fund (JTF) dient der Unterstützung beim Übergang zu einer CO₂-freien Wirtschaft.
Am 20. Oktober 2022 wurde zum Auftakt der neuen Programmperiode das österreichische EU-Programm für regionale Entwicklung „IBW/EFRE & JTF 2021-2027“ präsentiert. Vier Prioritäten umfassen in Summe zehn Fördermaßnahmen, die unterschiedliche Herausforderungen und Bedarfe im Bereich Beschäftigung und Wachstum abdecken. „Priorität 2 – Nachhaltigkeit“ umfasst das spezifische Ziel „Energieeffizienz und THG-Reduktion“. Energieeffizienzmaßnahmen sollen dabei zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen.
IBW/EFRE & JTF 2021-2027: Prioritäten und Fördermaßnahmen
Quelle: ÖROK-Geschäftsstelle
Das vorhergehende Programm „IWB/EFRE 2014-2020“, das aktuell ausläuft, umfasste mit seiner Ausrichtung an der Strategie Europa 2020 unter anderem deren Kernziele zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien sowie zur Steigerung der Energieeffizienz.
Die insgesamt geplanten Mittel wurden bzw. werden nach einem Länderschlüssel auf die Bundesländer aufgeteilt. Im Programm „IWB/EFRE 2014-2020“ war in der vergangenen Förderperiode für die Steiermark mit 130,65 Millionen Euro und somit 24 % der gesamten Mittel der höchste Anteil des Fördervolumens vorgesehen.
IWB/EFRE-Mittel für Österreich 2014-2020
Quelle: ÖROK-Geschäftsstelle
Für das Programm „IBW/EFRE & JTF 2021-2027“ stehen für die Bundesländer die nachfolgend aufgelisteten Mittel zur Verfügung. Die Steiermark konnte gegenüber der vergangenen Förderperiode ihren Anteil am österreichischen Gesamtbudget noch steigern: 153,6 Millionen Euro und somit 25,7 % der gesamten Mittel stehen in der neuen Förderperiode für Regionalentwicklungsprojekte, und damit unter anderem für das Thema Energieeffizienz, in der Steiermark zur Verfügung.
EFRE | JTF | Gesamt | ||||
Mio. Euro | % | Mio. Euro | % | Mio. Euro | % | |
Burgenland | 27,9 | 5,4% | – | – | 27,9 | 4,7 |
Kärnten | 56,0 | 10,7% | 13,7 | 18% | 69,7 | 11,7% |
Niederösterreich | 122,1 | 23,4% | 13,7 | 18% | 135,8 | 22,7% |
Oberösterreich | 79,1 | 15,2% | 24,3 | 32% | 103,4 | 17,3% |
Salzburg | 23,6 | 4,5% | – | – | 23,6 | 4,0% |
Steiermark | 129,3 | 24,8% | 24,3 | 32% | 153,6 | 25,7% |
Tirol | 36,5 | 7,0% | – | – | 36,5 | 6,1% |
Vorarlberg | 19,9 | 3,8% | – | – | 19,9 | 3,3% |
Wien | 26,9 | 5,2% | – | – | 26,9 | 4,5% |
Die EFRE-Mittel setzen sich einerseits aus EU-Mitteln sowie andererseits aus privaten sowie nationalen öffentlichen Kofinanzierungsmitteln des Bundes und der Länder zusammen. Die EFRE-Gelder zählen zu den Mitteln des Förderbereichs „Rubrik 1 – Intelligentes und integratives Wachstum“. Eine Darstellung dieser Förderströme für die gesamte Steiermark und die regionale Ebene ist auf der EUBIS-Website unter Rubrik 1 zu finden. Eine genaue Aufstellung der auf Gemeinde-Ebene in der Steiermark verwendeten EFRE-Fördermittel findet sich in den jährlichen Berichten zu EUBIS Steiermark. Diese sind unter „Analysen“ zu finden.
Quellen und weiterführende Informationen:
Europäische Kommission: EU-Maßnahmen angesichts der Energiekrise. 2022. URL: https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/eu-action-address-energy-crisis_de. Zugegriffen: 11/2022.
Europäische Kommission: REPowerEU: erschwingliche, sichere und nachhaltige Energie für Europa. 2022. URL: https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/repowereu-affordable-secure-and-sustainable-energy-europe_de. Zugegriffen: 11/2022.
Europäische Union: You are EU. 2022. URL: https://you-are-eu.europa.eu/index_de. Zugegriffen: 11/2022.
ÖROK – Geschäftsstelle der Österreichischen Raumordnungskonferenz: EU-Förderung für regionale Entwicklung. 2022. URL: https://www.efre.gv.at/. Zugegriffen: 11/2022.
ÖROK – Geschäftsstelle der Österreichischen Raumordnungskonferenz: Operationelles Programm für den Einsatz der EFRE-Mittel, CCI Nr. 2014AT16RFOP001, Fassung 6.0. 2021.
ÖROK – Geschäftsstelle der Österreichischen Raumordnungskonferenz: IWB/EFRE Österreich. 2022. URL: https://2014-2020.efre.gv.at. Zugegriffen: 11/2022.
11/2022