Am 1. Jänner 1995 trat Österreich gemeinsam mit Schweden und Finnland der Europäischen Union bei – ein historischer Schritt, dem die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung (66,6 %) bei der Volksabstimmung im Juni 1994 zugestimmt hatte. Drei Jahrzehnte später lässt sich eine klare Bilanz ziehen: Der EU-Beitritt hat Österreich – und auch die Steiermark – wirtschaftlich, technologisch und gesellschaftlich vorangebracht.
Wirtschaftswachstum und Wohlstand
Die österreichische Wirtschaft ist seit dem EU-Beitritt spürbar dynamischer gewachsen. Studien zufolge betrug der zusätzliche jährliche Wachstumsschub durch die EU-Mitgliedschaft im Schnitt rund +0,7 Prozent pro Jahr. Zwischen 1995 und 2023 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) insgesamt um fast 60 %, der Zugang zum EU-Binnenmarkt war dabei ein wichtiger Antrieb.
Ein Motor dieses Wachstums ist der Zugang zum europäischen Binnenmarkt, der durch den Abbau von Handelsbarrieren, durch die Zollfreiheit und durch einheitliche Standards für deutliche Kostenvorteile sorgt. Für Unternehmen bedeutet das jährlich Einsparungen von rund 2,7 bis 6,85 Milliarden Euro, insbesondere durch den Wegfall von Zollkontrollen und Wartezeiten.
Exporte und Investitionen
70 % des österreichischen Außenhandels werden mit anderen EU-Mitgliedsstaaten abgewickelt. Zwischen 1995 und 2023 haben sich die Exporte in EU-Länder von 33 auf 137 Milliarden Euro vervierfacht. Besonders dynamisch entwickelten sich die Handelsbeziehungen zu den östlichen EU-Nachbarländern: Die Exporte nach Ungarn, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Polen verdreifachten sich auf 30,8 Milliarden Euro.
Auch die Zahl der exportierenden Unternehmen hat sich stark erhöht – von etwa 12.000 (1989) auf aktuell über 63.700. Daraus resultieren nicht nur höhere Umsätze, sondern auch mehr Arbeitsplätze und Wohlstand im Inland.
Die EU-Mitgliedschaft machte Österreich auch für internationale Investitionen attraktiver. Der Bestand an ausländischen Direktinvestitionen stieg laut Information der Österreichischen Nationalbank von 16 Milliarden Euro (1995) auf 205 Milliarden Euro (2023). Multinationale Unternehmen, die sich in Österreich ansiedeln, schaffen hochwertige Arbeitsplätze, sind überdurchschnittlich innovativ und bieten vor allem kleinen und mittleren Betrieben (KMU) neue Chancen (Zulieferung, Kooperationen).
Forschung & Entwicklung: Ein starker Impuls durch Europa
Österreich hat sich zu einer europäischen Spitzenposition bei Forschung und Entwicklung (F&E) entwickelt. Die Forschungsquote – der Anteil der F&E-Ausgaben am BIP – verdoppelte sich seit dem EU-Beitritt von 1,5 % auf 3,3 %. Die Steiermark liegt wiederum mit einer Forschungsquote von 5,1 % deutlich vor den anderen österreichischen Bundesländern. Damit gehört Österreich neben Schweden, Belgien und Deutschland zu den vier EU-Staaten, die das europäische Ziel von 3 % erreichen.
„Horizon Europe“ ist für 2021-27 mit seinen rd. 95,5 Milliarden Euro das größte transnationale Forschungsförderungsprogramm der Welt. Im Rahmen von „Horizon Europe“ ist Österreich ein Nettoempfänger: Es erhält mehr Fördergelder, als es in den EU-Haushalt einzahlt. Dies stärkt besonders die Innovationskraft von Universitäten, Forschungsinstituten und KMU.
Die Steiermark ist nach Wien das zweit-erfolgreichste österreichische Bundesland bei der Beteiligung an „Horizon Europe“. Die Steiermark nimmt an beinahe jedem vierten Projekt mit österreichsicher Beteiligung teil und verzeichnet über 290 Millionen Euro an Förderungen aus dem Programm (Stand: 01/2025).
EU-Förderungen stärken Regionen
Zwischen 1995 und 2020 flossen rund 6,2 Milliarden Euro an EU-Mitteln in regionalpolitische Projekte in Österreich. Gemeinsam mit nationalen und privaten Kofinanzierungen wurden daraus Investitionen in Höhe von 25 Milliarden Euro generiert. Ziel dieser sogenannten Kohäsionspolitik ist es, soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Regionen abzubauen.
Bis 2027 werden insgesamt rund 8 Milliarden Euro an EU-Fördermitteln in Österreichs Regionen investiert – mit Fokus auf grüne und digitale Transformation.
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist ein wesentliches Instrument der regionalen Wirtschaftsförderung in der Steiermark. Aus den Programmen IWB/EFRE (2014-2020) und RWB/EFRE (2007-2013) sowie aus dem aktuellen Programm IBW/EFRE&JFT (2021-2027) wurden bislang in Summe Projektförderungen im Umfang von über 440 Mio. € in der Steiermark realisiert.
Bildung und Austausch: Erasmus als Sprungbrett
Das ERASMUS+-Programm hat Österreichs Jugend neue Horizonte eröffnet: Über 150.000 junge Menschen aus Österreich haben bisher an dem EU-Programm teilgenommen. Sie sammelten internationale Erfahrungen im Studium, in der Ausbildung oder als junge Unternehmer*innen.
Für die Förderperiode 2021-2027 stehen Österreich 666 Millionen Euro an Erasmus+ Fördermitteln zur Verfügung. Besonders das Programm „Erasmus für Jungunternehmer*innen“ fördert den Austausch von Know-how und Ideen, mit 10.000 geförderten Austauschen seit 2009.
Die Steiermark nutzt sehr erfolgreich das Potenzial der internationalen Vernetzung von Erasmus+. Im aktuellen Programm ERASMUS+ (2021-2027) verzeichnet die Steiermark bislang jeweils rd. ein Fünftel der österreichischen Projekte, Mobilitäten und Fördermittel.
NextGenerationEU: Zukunftsinvestitionen nach der Pandemie
Als Antwort auf die COVID-19-Krise hat die EU das Aufbauprogramm „NextGenerationEU“ gestartet – mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro, wovon 312,5 Milliarden Euro für nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung stehen. Österreich erhält daraus rund 3,75 Milliarden Euro, unter anderem zur Finanzierung von:
- dem Reparaturbonus (bis 50 % Kostenersparnis für Reparaturen),
- der Digitalisierungsoffensive KMU.DIGITAL (über 25.000 Digitalisierungsprojekte wurden bislang gefördert),
- der Transformation der Industrie (z. B. Automobilsektor),
- sowie zusätzlichen 210 Millionen Euro aus REPowerEU für den Umstieg auf saubere Energie die Diversifizierung der Energieversorgung und die Verbesserung der Energieeffizienz.
Infrastruktur: Gemeinsame Investitionen
Großprojekte wie die Koralmbahn als Teil des baltisch-adriatischen Korridors zeigen den Nutzen gemeinsamer Infrastrukturprojekte. Die EU fördert den Bahnausbau mit rund 600 Millionen Euro, was die Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt auf 45 Minuten reduziert und sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr nachhaltig stärkt.
Agrarpolitik: Unterstützung für die Landwirtschaft
Seit dem EU-Beitritt hat Österreichs Landwirtschaft 35 Milliarden Euro an EU-Fördermitteln erhalten. Aktuell werden rund 110.000 Betriebe mit EU-Mitteln unterstützt. Besonders hervorzuheben ist Österreichs Vorreiterrolle im Biolandbau: Mehr als 25 % der landwirtschaftlichen Fläche wird bereits ökologisch bewirtschaftet – womit das EU-weit gültige Ziel für 2030 bereits übertroffen wird.
Demokratie, Freiheit und Mitgestaltung
Bereits vor dem EU-Beitritt 1995 sorgte ein breites parlamentarisches Bündnis dafür, dass Mitwirkungsrechte des Nationalrats und der Bundesländer in EU-Angelegenheiten verfassungsrechtlich abgesichert wurden. Diese Rechte erlauben es dem Parlament, durch Stellungnahmen und Informationspflichten aktiv die österreichische EU-Politik mitzugestalten.
Neben der Wirtschaft haben sich auch viele Alltagsbereiche vereinfacht:
- Grenzfreies Reisen im Schengen-Raum,
- eine gemeinsame Währung in 20 EU-Ländern,
- keine Roaming-Gebühren,
- einfacher Zugang zu Arbeits- und Studienplätzen in der EU,
- faire Konsument*innenrechte im EU-Binnenmarkt.
Fazit: Ein Gewinn auf vielen Ebenen
30 Jahre nach dem EU-Beitritt lässt sich festhalten: Österreich hat durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union umfassend profitiert – wirtschaftlich, politisch, sozial und kulturell. Die EU ist zu einem wichtigen Hebel für Wohlstand, Innovation, Umwelt- und Regionalentwicklung in Österreich geworden.
Für die Bewältigung grenzüberschreitender Herausforderungen ist das europäische Projekt im Sinne der Menschen stetig weiterzuentwickeln. Denn besonders in einer Zeit globaler Herausforderungen zeigt sich, wie wertvoll ein starkes, geeintes Europa ist.
Weiterführende Informationen
- Die Europäische Union – wie funktioniert die EU?
- Europa Aktuell – Alles über aktuelle europapolitische Themen, Projekte und Veranstaltungen
- Was bringt uns die EU? Fakten über Vorteile und Errungenschaften
- EUROPE DIRECT Österreich
Quellen
Bundeskanzleramt: 30 Jahre Österreich in der Europäischen Union. URL: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/30-jahre-oesterreich-in-der-eu.html. Zugegriffen: 04/2025.
EFRE.GV.AT: 30 Jahre EU-Mitgliedschaft: Eine Erfolgsgeschichte für Österreich. URL: https://www.efre.gv.at/news/newsdetail/30-jahre-eu-mitgliedschaft-eine-erfolgsgeschichte-fuer-oesterreich. Zugegriffen: 04/2025.
Europäische Kommission: 30 Jahre – Wir in der Europäischen Union. URL: https://austria.representation.ec.europa.eu/gemeinsam-gewachsen_de. Zugegriffen: 04/2025.
FFG: Österreichs Erfolgsmonitor. URL: https://www.ffg.at/Monitoring. Zugegriffen: 04/2025.
OeAD: Programmcontrolling Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps. URL: https://oead.at/fileadmin/Dokumente/erasmusplus.at/Allgemein/Publikationen/Programmcontrolling_2021-2027_E_ESK_112024.pdf. Zugegriffen: 04/2025.
Parlament Österreich: 30 Jahre EU-Beitritt: So bekam das Parlament seine Mitwirkungsrechte. URL: https://www.parlament.gv.at/aktuelles/news/in-einfacher-sprache/30-Jahre-EU-Beitritt-So-bekam-das-Parlament-seine-Mitwirkungsrechte. Zugegriffen: 04/2025.
WIBIS Steiermark: F&E-Quote in % Gesamt. URL: https://wibis-steiermark.at. Zugegriffen: 04/2025.
WKO: 30 Jahre EU-Mitgliedschaft – die Wirtschaftsbilanz. URL: https://www.wko.at/oe/news/30-jahre-eu-mitgliedschaft-wirtschaftsbilanz. Zugegriffen: 04/2025.
05/2025